Beurteilung der cosinuss° Sensoren im Rahmen der Studie
Die CO-SI-ONKO Studie läuft seit knapp einem Jahr und wird noch bis Ende September 2022 weitergeführt. Veröffentlichbare Ergebnisse liegen aktuell noch nicht vor. Wie jedoch die Studie bislang hinsichtlich ihrer Durchführbarkeit lief und welche Erfahrungen die Patientinnen mit den Im-Ohr Sensoren gemacht haben, konnte cosinuss° in einem Interview mit dem Studienteam herausfinden.
Ein Gespräch mit Heike Jansen, Veronika Langhans, Jannina Schaller
Warum haben Sie sich für Ihre Studie dazu entschieden, die cosinuss° Im-Ohr Sensoren zu verwenden?
Auf die cosinuss° Sensoren sind wir durch Dr. Eimo Martens, Oberarzt und Leiter der kardiologischen Device-Therapie des Klinikums rechts der Isar in München, aufmerksam geworden. Er hat die Im-Ohr Sensoren bereits erfolgreich in der Tele-COVID-Studie zur Überwachung von Covid-19-Patient*innen eingesetzt. Als Anschlussprojekt hat sich Dr. Martens mit Tele-COVID 2 parallel zu uns um eine Förderung im Rahmen des NAPKON (Nationales Pandemie Kohorten Netz) durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beworben. Darüber sind wir in Kontakt gekommen und haben anteilig eine Förderung erhalten. Zudem wurde ein gemeinsamer Antrag mit Dr. Martens und Prof. Dr. Georg Schmidt, Leiter der Arbeitsgruppe Biosignalanalyse am Klinikum rechts der Isar, beim Bayerischen Wissenschaftsministerium bewilligt, sodass wir beide Studien realisieren konnten.
Worin sehen Sie bei den cosinuss° Sensoren die größten Vorteile gegenüber anderen Monitoringsystemen?
Uns ist insbesondere die einfache Handhabung aufgefallen, was gerade für ältere Patientinnen von Vorteil ist: Einfach das Gateway anschließen, den Sensor ins Ohr stecken und los geht’s. Es sind keine weiteren Installationen notwendig. Eine Überforderung der Patientinnen konnte somit reduziert werden, vor allem im Vergleich zu manchen Smartwatches, die noch viele weitere Funktionen haben, oder Wearables, die nur in Kombination mit bestimmten Apps funktionieren. Diese “Plug and Play”-Lösung konnte von den jüngeren und älteren Patientinnen gleichermaßen gut bedient werden. Die meisten konnten nach einmaliger Instruktion den Sensor selbst sehr gut ins Ohr einsetzen.
Daneben war es für uns von Vorteil, dass die Patientinnen den Sensor und das Gateway auch mit in den Urlaub oder in die Reha genommen haben und der LTE Stick auch von dort aus funktioniert hat. Wir mussten in diesen Fällen die Studie nicht unterbrechen.
Neben uns fanden es auch die Patientinnen sehr ansprechend, dass die Studie mit einem lokalen Münchner Unternehmen durchgeführt wurde und nicht mit einem großen Konzern. Die Zusammenarbeit wurde dadurch deutlich erleichtert und wir haben schnellen Support bekommen, bspw. im Austausch von Geräten oder bei der Implementierung von Updates.
Wie viele cosinuss° Sensoren sind bei Ihnen aktuell im Einsatz?
Aktuell haben wir 35 bis 40 Patientinnen, die den Sensor tragen. Im Durchschnitt waren es die letzten Monate etwa 20 Patientinnen. Seit Anfang der Studie hat sich die Zahl der Patientinnen deutlich vergrößert.
Bei wie vielen Patientinnen haben Sie bislang die Vitalparameter gemessen?
Unser Studienziel waren 100 Patientinnen, was wir aktuell erreicht haben. Die Studie wird noch bis Ende September dieses Jahres fortgeführt.
Wie genau sieht das technische Setup aus: Wohin fließen die Daten, die über die cosinuss° Sensoren aufgezeichnet werden?
Wir monitorieren die Patientinnen über die cosinuss° Health Platform und dann werden die Daten in Mediconnect integriert. Dabei handelt es sich um eine Software zur Datenintegration am Klinikum rechts der Isar. Dort fließen die Daten sowohl von cosinuss° als auch von der App “Meine Busenfreundin” zusammen.
Können Sie uns mehr über diese App erzählen?
Die “Meine Busenfreundin”-App wurde von Frau Prof. Marion Kiechle, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde (Klinikum rechts der Isar) in Kooperation mit der AIM – Apps in Medicine GmbH entwickelt. Das Ziel war es, Brustkrebspatientinnen fachlich fundierte Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie ist eine frei im App Store verfügbare “Companion App” und soll Patientinnen durch die Therapie begleiten und sie unterstützen. Ein neues Feature der App ist die Möglichkeit zur Studienteilnahme. Hier ist es möglich, dass die Patientinnen nicht mehr für jede Visite ins Klinikum kommen müssen, sondern ganz einfach über die App die Fragebögen ausfüllen und ans Klinikum senden können. Das haben wir im Rahmen unserer Studie erprobt und durchgeführt.
In der App werden von den Patientinnen zu definierten Zeitpunkten Fragebögen ausgefüllt. Darin werden Nebenwirkungen, der Status Quo und das generelle Befinden während der Chemotherapie abgefragt. Diese Informationen sind wichtig für einen größeren Überblick über den Gesundheitszustand der Patientinnen.
Neben CO-SI-ONKO starten wir gerade eine neue bayernweite Studie namens PRISMA. Diese ist vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses gefördert und wird an 30 Brustzentren durchgeführt. Hier kommt die App für das Ausfüllen von studienspezifischen Fragebögen ebenfalls zum Einsatz.
Kontrollieren Sie die gemessenen Vitalparameter durchgehend oder nur in bestimmten Intervallen?
Wir haben uns für einen Messzyklus entschieden, bei dem alle zehn Minuten jeweils sechs Minuten gemessen wird. Wir überwachen die Patientinnen aber nicht 24 Stunden am Tag aktiv, da sie nicht den ganzen Tag Zuhause sind. Viele sind berufstätig, haben Kinder oder sind einfach unterwegs. Somit sehen wir uns die Daten etwa zweimal pro Tag an. Zusätzlich telefonieren wir mit den Patientinnen einmal pro Woche. Wenn sie dort berichten, dass eine akute Infektion vorliegt, sie bspw. Fieber oder weitere Krankheitssymptome haben, überwachen wir die Patientin engmaschiger. Meist tragen nicht alle Patientinnen gleichzeitig den Sensor, da sie einen unterschiedlichen Tagesablauf haben. In der Regel sehen wir von fünf bis zehn Patientinnen gleichzeitig die Daten im cosinuss° Dashboard. Dabei tragen manche Patientinnen den Sensor nur 30 Minuten am Tag, andere wiederum zwölf Stunden, manche auch die ganze Nacht. In der Regel werden die Sensoren aber nachts weniger getragen.
Können Sie uns Situationen nennen, in denen sich die kontinuierliche Messung der Vitalparameter als sehr hilfreich erwiesen hat?
In unserer Studie geht es vor allem darum, in einem Hochrisikokollektiv das Biosignaldaten-Monitoring in Kombination mit Patient-Reported-Outcome-Monitoring dahingehend zu prüfen, ob eine Gewährleistung der Patientensicherheit und eine Steigerung der Patientenzufriedenheit möglich ist. In zwei Fällen wurde über den Im-Ohr Sensor Fieber festgestellt, noch bevor es die Patientinnen selbst bemerkt hatten. Bei einer Patientin handelte es sich um eine Impfnebenwirkung und bei der anderen um eine Reaktion auf die Chemotherapie. Daneben hatten wir bis zum heutigen Zeitpunkt zwölf Patientinnen, die während des gesamten Messzeitraums an Corona erkrankt sind. Dies wurde allerdings meistens selbst durch Schnelltests erkannt. In diesen Fällen konnten wir den Krankheitsverlauf gut verfolgen, auch als die Patientinnen auf dem Weg der Besserung waren und die Symptome abgeklungen sind. Zudem hatten wir zwei Patientinnen mit einer bekannten Vorerkrankung der Lunge. Hier konnten wir die Patientinnen engmaschig überwachen und sie informieren, wenn die Werte in einen kritischen Bereich gefallen sind. Zwei weitere Patientinnen hatten im Verlauf der Studie eine Lungenentzündung, die im Krankenhaus behandelt wurde. Diesen Patientinnen konnten wir nach der Entlassung durch die Nutzung des Ohrsensors eine weiterführende Überwachung anbieten.
Insgesamt können wir sagen, dass wir durch das Telemonitoring den Patientinnen zusätzliche Sicherheit vermitteln konnten. Sie haben sich dank der Im-Ohr Sensoren und des Wissens, dass wir Ihre Vitalparameter regelmäßig im Blick haben, sicherer und wohler in ihrem Alltag gefühlt.
Würden Sie die cosinuss° Sensoren auch für andere Fragestellungen und Studien einsetzen?
Natürlich müssen wir erst die Auswertung der Studienergebnisse abwarten, um ein finales Fazit ziehen zu können. Im Austausch mit den Patientinnen jedoch haben wir bereits ein ziemlich gutes Gefühl dafür bekommen, dass durch ein kontinuierliches Monitoring der Vitalparameter die Sicherheit der Patientinnen gesteigert werden kann.
Über unseren Fachbereich hinaus denkbar wäre eine Anwendung in jeder Art von Risikokollektiven, d.h. bei Patient*innen mit anderen Krebserkrankungen, unter Immunsuppression, bei chronischen Erkrankungen und insbesondere bei zusätzlich vorliegenden Vorerkrankungen. Wir sehen auch ein großes Potenzial in der Weiterentwicklung des Biosignaldaten-Monitorings dahingehend, dass die Patientinnen selbst in die Lage versetzt werden, ihre Daten im Blick zu behalten und das Monitoring-System mobil wird, sodass es überall hingenommen werden kann.
Studienteam:
Dr. med. Heike Jansen (Leitung)
Dr. med. Anna Eichhorn (Prüfärztin)
Jannina Schaller (Wissenschaftliche Mitarbeiterin)
Veronika Langhans (Wissenschaftliche Mitarbeiterin)
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