Infektionskrankheiten, Zahnen und Fieber: In allen Fällen steht Eltern und Kindern oft eine anstrengende Zeit bevor. Schlaflose Nächte und ein quengelnder, unzufriedener Nachwuchs – und sowohl Zahnen wie auch Infekte bei Kindern geht mit Fieber einher. Zumindest denken wir das:
Das sagt die Wissenschaft dazu
Carla Massignan und ihr Team von der Universität in Santa Catarina, Brasilien werteten in einer Metaanalyse[1] zehn große Studien aus, die sich mit dem Thema Zahnen befasst haben. Sie konnten keine Belege dafür finden, dass Fieber ein Symptom des Zahndurchbruchs sei. Zahnfleischirritationen, erhöhte Reizbarkeit und stärkeres Speicheln sind die häufigsten Erscheinungen, die beim Zahnen zu beobachten sind. Und auch ein leichter Anstieg der Körpertemperatur ist normal – aber die Temperaturwerte bleiben dabei unter der Schwelle dessen, was als Fieber definiert ist. Die Symptome sind dabei beim Durchbruch der Vorderzähne ausgeprägter. Backenzähne bereiten meist weniger Schwierigkeiten.
Doch warum wird von Eltern und sogar Ärzten so oft ein Zusammenhang zwischen Fieber und dem Zahnen hergestellt?
Eine Theorie
Die ersten Zähne brechen üblicherweise im Alter von etwa sechs Monaten durch, was mit eben jenem Alter zusammenfällt, in dem der Nestschutz – ein von der Mutter mitgegebener Antikörperschutz, der Neugeborene vor einigen Infektionen bewahren kann – nachlässt und Babys empfänglicher für Infektionskrankheiten werden. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass ein Infekt und Zahnen gleichzeitig auftreten, besonders, wenn man bedenkt, dass zehn bis zwölf Infektionen pro Jahr für Kinder unter drei Jahren nichts Ungewöhnliches sind und der Durchbruch eines Zahnes circa acht Tage dauert. Sehr wahrscheinlich wird Fieber durch eine Infektionskrankheit ausgelöst und die erhöhte Temperatur wiederum begünstigt das Durchbrechen der Zähne, was den Zusammenfall von Zahnen und Fieber erklären würde.
Es ist noch nicht geklärt, ob der Vorgang auch umgekehrt passiert, nämlich, dass Zahnen das Immunsystem soweit schwächt, dass das Kind wiederum anfälliger für fieberverursachende Infektionen ist.
Auf den Punkt gebracht
Eine Körpertemperatur über 38° C weist eher auf eine Erkrankung und nicht auf Zahnen hin.
Diese Erkenntnis ist wesentlich, um eine Krankheit richtig entdecken und diagnostizieren zu können: Ein vorliegender Infekt könnte übersehen werden, wenn angenommen wird, dass das Fieber „nur“ vom Zahnen verursacht wird. Ein fieberndes Kind ist krank und muss entsprechend behandelt werden.
Was passiert tatsächlich, wenn die Zähne durchbrechen?
Einige Kinder zahnen vollkommen symptomfrei – andere dagegen durchlaufen eine schwere Zeit. Für alle von ihnen gilt: Das Zahnfleisch wird empfindlicher und rötet sich an der späteren Durchbruchstelle. Die helle Schleimhautkante an der Zahnleiste verstreicht und schwillt an.
Weitere Anzeichen, die auftreten können – und dies ist von Kind zu Kind unterschiedlich –, sind: Verstärktes Speicheln, Zahnfleischirritationen, erhöhte Reizbarkeit, am Finger saugen, Appetitverlust und ein unruhiger Schlaf. Die Körpertemperatur kann ansteigen – das ist nicht ungewöhnlich. Aber der Fiebergrenzwert wird nicht erreicht. Eine laufende Nase, Durchfall, Hautausschläge und Erbrechen sind ebenfalls KEINE Symptome des Zahnens und müssen deshalb beobachtet und gegebenenfalls von einem Arzt beurteilt werden.
Sie können Ihrem Kind den Prozess des Zahnens erleichtern, indem Sie es auf etwas Hartem oder Kaltem herumkauen lassen – ein Beißring, roher Fenchel, Apfelschnitze, harte Brotkanten, Karotten oder Veilchenwurzeln (diese haben sogar einen schmerzlindernden Effekt) eignen sich dafür. Gele, die die Schmerzen abmildern sollen, wie etwa „Dentinox“, wirken lokal betäubend. Gegen die lediglich durch Zahnen bedingte erhöhte Temperatur Ihres Kindes müssen Sie nichts unternehmen.
[1]http://pediatrics.aappublications.org/content/early/2016/02/16/peds.2015-3501